Pfähle [3]

[501] Pfähle. Bekanntlich ist diejenige Gründungsart die sicherste, bei welcher es möglich ist, den Baugrund bloßzulegen, dessen Tragfähigkeit festzustellen und dann ein Fundament auf breiter Grundfläche mit nach oben abnehmenden Abmessungen zu erstellen. – Vgl. Ergbd. I, S. 595.

In vielen Fällen ist dies aus örtlich und namentlich aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Man greift dann zur Pfahlgründung, um auf diese Weise den tragfähigen Baugrund aufzusuchen[501] und teils unmittelbar von dem Pfahlkopf zur Pfahlspitze unter Verwendung des Pfahlschaftes als Säule oder mittels der Pfahlreibung am Erdreich die aufgehenden Lasten auf den tragfähigen. Baugrund zu übertragen. Die beiden nachfolgend beschriebenen Verfahren suchen die Vorteile der Betonpfähle (große Reibung, sofortiger Baubeginn, rasche Herstellung, Anpassung der Pfahllänge an die örtliche Sachlage) mit dem Vorteil einer breiten Grundfläche (im Gegensatz zum fertigen, zylindrischen oder konischen Pfahl) zu vereinigen.

a) Explosivbetonpfahl, System Wilhelmi (Fig. 1a)–1e. Eine eiserne Röhre von 40 cm äußerem und 38 cm innerem Durchmesser wird zusammen mit einem eingesetzten, mit Gußspitze versehenen Holzkern bis auf den tragfähigen Baugrund eingerammt (Fig. 1a). Der Holzkern wird ausgezogen und einige Schaufeln Beton zur Ausebnung in das Rohr geworfen. Sodann Hinablassen einer sogenannten verdämmten Sprengladung mit eingesetzten Zündkapseln nebst elektrischem Leitungsdraht (Fig. 1b). Der aus zwei gegeneinander verankerten Eisenplatten bestehende Dämmstuhl hat den Zweck, die treibende Wirkung der Sprenggase in der Hauptsache nicht nach oben, sondern nach der Seite erfolgen zu lassen. Durch die Form des Dämmstuhls kann die Form der Fußverbreiterung beeinflußt werden. Verfällen des Rammrohres mit ziemlich flüssigem Beton. Hochziehen des Rammrohres etwa 1,0 m bis 1,5 m nebst Nachfüllen des Betons (Fig. 1c). Elektrische Entladung. Dumpfer Knall mit einer etwa einem kräftigen Rammschlag entsprechenden Erschütterung. Schußartiges Absacken des Betons im Rohr in die am Fußende neu entstehende Höhlung (Fig. 1d). Wiederauffüllen des Rohres mit trockenem Beton. Langsames Hochziehen und Entfernen[502] des Rohres, wobei die oberen Pfahlschichten gestampft werden können. Fertiger Pfahl s. Fig. 1e. Je nach Sachlage und Bodenbeschaffenheit kann die Sprengung unter Umständen an verschiedenen Punkten desselben Pfahles wiederholt werden, wodurch jedesmal entsprechend weitere Verdickungen der Pfahlfäule entstehen.

b) Stauchpfahl System Wilhelmi (Fig. 2a–2e). Beliebige Herstellung des Pfahlschachtes (etwa wie bei Fig. 2a). Füllung des Futterrohres mit plastischem Beton. Nach der Füllung wird das Rohr um eine gewisse Strecke hochgezogen und Beton nachgefüllt. Statt daß man nun, wie beim Explosivpfahl, den Beton des unteren Pfahlendes durch Sprengung auseinandertreibt, wird hier auf die vollgefüllte Röhre der Rammbär, ein Druckstempel oder dergleichen aufgesetzt und ein entsprechender Schlag oder Druck ausgeübt. Das mit seinem flüssig-breiigen Inhalt als Preßstempel wirkende Futterrohr wird dadurch mit seinem Rohrende samt Füllung in die außerhalb des Rohres stehende Betonsäule eingetrieben und diese nach Fig. 2b auseinandergepreßt. Wiederhochziehen des Rohres (Fig. 2c), Nachfüllung von Beton, weitere »Stauchung«, bis die Verbreiterung den gewünschten Umfang angenommen hat, welcher sich nach dem Rauminhalt der erfolgten Nachfüllung bestimmen läßt. Der Boden wird dadurch am Pfahlfuß stark verdichtet und tragfähiger, Fußverbreiterung gewährleistet, Gefahr des Abschnürens des Pfahles durch nachdrängenden Boden erscheint hier infolge des Stauchens und Zusammenpressens des Betons nahezu ausgeschlossen. – Fig. 3 und 4 zeigen ausgegrabene Probestauchpfähle (Wayß & Freitag, A.-G.).

Kleinlogel.

Fig. 1a., Fig. 1b., Fig. 1c., Fig. 1d., Fig. 1e.
Fig. 1a., Fig. 1b., Fig. 1c., Fig. 1d., Fig. 1e.
Fig. 2a., Fig. 2b., Fig. 2c., Fig. 2d., Fig. 2e.
Fig. 2a., Fig. 2b., Fig. 2c., Fig. 2d., Fig. 2e.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 501-503.
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501 | 502 | 503
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